Im gedenken an Aggro Berlin. Wir hatten eine gute Zeit mit dir.
Es war im Jahre 2000 als sich drei junge Männer vornahmen, Hip Hop in Deutschland zu retten. Der Besitzer eines Untergrund Hip Hop Shops, ein Graffiti-Künstler und ein ehemaliger Profi-Break Dancer. Zusammen etablierten sie eine neue, in jeder Beziehung unabhängige und sehr eigene Plattenfirma:
Aus der Firma wurde eine Bewegung. Heute, neun Jahre später, haben die Gründer und Künstler von AGGRO BERLIN alles erreicht, was in diesem Rahmen möglich ist. Mit AGGRO BERLIN ist Hip Hop in Deutschland grösser und präsenter denn je geworden. Was anfangs als Super-Indie-Rap auf Kassetten im Keller gedealt wurde, schoss bis auf Platz 1 der deutschen Albumcharts. AGGRO BERLIN wurde in jeder Beziehung zum „Label Nr.1“ und hat am Ende sogar die Kooperation mit der Industrie gewagt. Kein anderes Label hat je zuvor seinen Markt so dominiert. Kein anderes Label hat seine Gegner und Angreifer in ähnlicher Stückzahl auf den Friedhof geschickt. AGGRO BERLIN hat Hip Hop in Deutschland zurück zu den Wurzeln geführt. Dort, wo es dreckig ist und auch mal nach Existenzkampf riecht, sollte Hip Hop eine neue Relevanz bekommen. Mit AGGRO BERLIN hat eine ganze Jugend zum Rap als Sprachrohr gefunden.
Als Plattenfirma hat AGGRO BERLIN alles erreicht, was zu erreichen ist. Zeit, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Die Plattenfirma schliesst, AGGRO BERLIN widmet sich mit altem Enthusiasmus neuen Aufgaben und Geschäftsbereichen.
Die Künstler, die mit AGGRO BERLIN gearbeitet und gekämpft haben, sind erwachsen geworden. Sie sind bestens in Lage, auf eigenen Füßen zu stehen und ihren Weg selbst zu gehen. Mit unserem Partner Universal Music haben sie alle Möglichkeiten. Wir wünschen ihnen alles Gute und viel Glück. Danke für die spannenden und erfolgreichen Jahre.
Wir danken vor allem unseren Fans. Wir haben gefeiert und gelitten. Wenn ihr zu Musik von uns zum ersten Mal gekifft, geklaut oder gefickt habt, sind wir für immer!
Nach schrillen, dummdreisten wie auch clever-erfolgreichen neun Jahren hat das Plattenlabel Aggro Berlin seine Kreissäge im Logo wieder eingepackt. "Die Plattenfirma schließt", heißt es auf der Website, die seit Tagen das Bild einer aus einem Grab ragenden Hand mit erhobenem Mittelfinger ziert. Diese Meldung ist tatsächlich der letzte Sargnagel, der Schlussakkord, der letzte Vorhang für ein Label, das Deutschlands Musikszene durchgerüttelt und der Jugend einen funktionstüchtigen Protest ermöglicht hat. Aber die Gründer und Künstler von Aggro Berlin hätten eben alles erreicht, "was in diesem Rahmen möglich ist", steht da zu lesen.
"Nein", sagt klar und schnell Marcus Staiger, Berliner Rap-Urgestein, der das Ende des deutschen Rap-Traums schon hinter sich hat. Bei seinem Label Royal Bunker, das 2008 die Mikrofone einmottete, haben fast alle großen Namen der deutschen Rap-Szene angefangen - von Kool Savas bis Sido. Rap werde es immer geben, sagt Staiger im Gespräch mit stern.de und lacht kurz. Aggro habe sich entscheiden müssen, ob man sich etablieren wolle oder nicht. So ein Label tauge aber nicht zur Institution. "Das ist nicht so was wie Siemens, wo man nur noch verwaltet", so Staiger. Rap habe vor allem mit Haltung zu tun.